Akteneinsicht des Nebenklägers
Liebe Unioner,
ich habe an anderer Stelle schon über die Möglichkeit berichtet, dass sich ein Verletzter der Anklage als Nebenkläger anschließen kann. Dies bringt für ihn einige Vorteile im Hauptverfahren.
Er kann sich dazu auch eines anwaltlichen Beistandes bedienen. Interessant in diesem Zusammenhang ist es, inwieweit ein Rechtsanwalt Prozessakten, die dem Gericht vorliegen, einsehen darf.
Die Strafprozessordnung sieht hier eine Regelung dahingehend vor, dass eine Akteneinsicht bereits im Vorverfahren möglich ist. Aber auch später, soweit die Bestellung des Anwaltes für den Nebenkläger erst erfolgt, wenn der Täter bereits angeklagt ist, ist eine Akteneinsicht grundsätzlich zulässig. Diese Akteneinsicht wird allerdings nur gewährt, wenn der vom Nebenkläger beauftragte Rechtsanwalt ein berechtigtes Interesse des Verletzten darlegt.
Insbesondere besteht natürlich ein berechtigtes Interesse des Nebenklägers, bzw. seines Vertreters, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt, weil sie der Auffassung ist, dass nicht hinreichende Gründe vorliegen, um eine öffentliche Klage zu erheben.
In diesem Zusammenhang besteht für den Verletzten die Möglichkeit, dagegen Einstellungsbeschwerde einzureichen oder einen Klageerzwingungsantrag zu stellen.
Weiterhin muss der Nebenkläger in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob er gegebenenfalls gegen den Beschuldigten anderweitige Ansprüche, z.B. Schmerzensgeldansprüche, im Rahmen eines Zivilverfahrens geltend machen will.
Die Strafprozessordnung kennt allerdings auch eine Reihe von Gründen, warum die Einsicht in die Akten zu versagen ist. Insbesondere ist dies dann der Fall, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten dem entgegenstehen, z. B. auch Geheimhaltungsinteressen.
Geprüft werden muss auch immer, inwieweit es einen hinreichenden Tatverdacht für die Verletzung, die der Nebenkläger durch den Beschuldigten erlitten haben will, vorliegt. Ist das fragwürdig, kann auch aus diesem Grund die Akteneinsicht versagt werden.
Darüber hinaus kann es auch sein, dass die Akteneinsicht des Nebenklägers beschränkt oder versagt werden kann, wenn der Untersuchungszweck gefährdet wird.
Weiterhin muss das Gericht prüfen, ob eine durchzuführende Sachaufklärung durch die zu gewährende Akteneinsicht gefährdet ist. Auch aus diesem Grund kann der Antrag auf Akteneinsicht versagt werden.
Der Rechtsanwalt, der den Beschuldigten zu vertreten hat, wird also regelmäßig zu überprüfen haben, inwieweit er sich gegen mögliche Akteneinsichtsanträge des Nebenklägervertreters positionieren und gegebenenfalls unter Wahrung der Interessen des Beschuldigten zur Wehr setzen muss. Das Gericht wird dann die Interessen beider Seiten berücksichtigend eine Entscheidung treffen, wobei hier davon auszugehen ist, dass, bevor eine Akteneinsicht völlig versagt wird, zunächst nur darüber entschieden wird, inwieweit diese wenigstens teilweise gewährt werden kann.
Es wirkt wie ein reichlich trockenes Thema, hat aber eine große Bedeutung, insbesondere auch bei Verfahren, in denen sich Zeugen zu der vorgeworfenen Tat gar nicht oder nur eingeschränkt finden lassen.
Eisern Union
Dirk Gräning
Rechtsanwalt